Patricia Lambertus

Die im Künstlerhaus Hooksiel ausgestellten Zeichnungen sind innerhalb der letzten drei Monate während eines Aufenthalts in Formine, einem norditalienischen, noch unerschlossenen Bergdorf entstanden. Die vor Ort herrschenden Bedingungen ließen mich ein „leichtes Werkzeug“ wählen: Bleistift und Papier. Die architektonischen, ornammentalen Arbeiten sind vielfach angeregt durch Beobachtungen typischer Hausfassaden von Bauten der umliegenden grossen Seen (Lago Maggiore, Como See, Luganer See und Gardasee).

Die sonst üblicherweise innen angebrachte Tapete mit floral ornamentalem und geometrischem Dekor verlege ich zeichnerisch wie ein Kleid auf die Außenfassade und verstärke damit die Individualität des Hauses. Um diese Eigenheit hervorzuheben, werden einzelne Ornamente des Dekors erheblich vergrößert, hervorgehoben, verzerrt und verschoben. Sie lösen sich somit von ihrem ursprünglichen Dekorzweck und treten in Konkurenz zum realen architektonischen Bau. Das Interieur, welches die Hausbewohner repräsentiert, wird also nach aussen gestülpt und sichtbar. Ebenso werden innerhalb einer Zeichnung unterschiedliche, teils gegenläufige und sich widersprechende Perspektiven benutzt. Der Blick des Betrachters wird auf diese Weise nicht auf einen Standpunkt gelenkt, eine offene Sichtweise auf architektonische Strukturen und ihre Eigenheiten wird möglich.

Simone Haack (Bremen/Berlin) und Malte Olbertz (Berlin), beide ebenfalls Künstler, haben mich in den letzten beiden Stipendienwochen in Formine besucht. Wir inspirierten uns gegenseitig in unserem Tun, es entstand eine sehr produktive Arbeitsatmosphäre, die sich über den ganzen Zeitraum hinzog. Es wurde vor allem gezeichnet und fotografiert. So beschlossen wir gemeinsam, aus den entstandenen Arbeiten als Abschluß des Aufenthalts eine Ausstellung in der Osteria, dem Stipendiatenhaus zu machen. Ortsbezogene Arbeiten entstanden, wie das „Hortensienfenster“. Die Eröffnung fand am Sonntag, den 27. Juli um 18.00Uhr statt und existierte nur an diesem Tag. Einige Fotos dokumentieren diesen Event.
Die hier ansonsten ausgestellten Fotos sind als Skizzen, Dokumentation, als Reise- und visuelles Tagebuch zu verstehen, auch als Einblick in das „Stipendiatenleben“ in Italien. Ich danke den beiden oben genannten Künstlern für die Bereitstellung einiger in der Ausstellung gezeigten Originale und Fotoarbeiten für diese Ausstellung im Hooksieler Künstlerhaus.